Veranstaltungsbericht

Bericht: Stop Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

14.12.2022
Karin Schwendler bei der Veranstaltung STOPP Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

Am Tag gegen Gewalt an Frauen gab es eine Veranstaltung der verdi Frauen im Bezirk Fils Neckar Alb im Spitalhof in Reutlingen.

Die Mehrheit der berufstätigen Frauen wurde am Arbeitsplatz schon sexuell belästigt. Dennoch wird über das Thema kaum gesprochen aus Scham oder Angst um den Arbeitsplatz.

Wann spricht man von sexueller Belästigung?

Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz sind alle unerwünschten Annäherungen und sexuell bestimmte Verhaltensweise, die bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betroffenen Person verletzt wird, das sind z.B.:unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen.
Sexuell bestimmte körperlichen Berührungen,Bemerkungen sexuellen Inhalts,
Anzügliche Bemerkungen oder Kommentare,In Aussicht-Stellen beruflicher Vorteile bei sexuellem Entgegenkommen,Androhen beruflicher Nachteile bei sexueller Verweigerung. Unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen am Arbeitsplatz; in Räumen, die von Frauen genutzt werden.

Karin Schwendler Bereichsleiterin für Frauen und Gleichstellung beim Bundesvorstand von verdi sprach deutlich an:

Sexuelle Belästigung ist immer Ausdruck von Machtmissbrauch und eine Form von Gewalt gegenüber Frauen und Männern.

  • Antworten aus der Befragung der Antidiskrimminierungsstelle 2019
    Bei mehr als der Hälfte (53 Prozent) der Befragten gingen die Belästigungen
    von Dritten, wie Kundinnen und Kunden,Patientinnen und Patienten, Klientinnen und Klienten, aus.
  • Bei 43 Prozent der belästigenden Personen handelte es sich um Kollegen und wenigen Kolleginnen;
  • bei 19 Prozent waren es Vorgesetzte oder betrieblich höhergestellte Personen

Als weiteres sprach Karin Schwendler die Aufgaben der Interessenvertretung und des Arbeitgebers an

Wie kann die Interessenvertretung/ die Gleichstellungsbeauftragte unterstützen?

  • Die Interessenvertretung+ Gleichstellungsbeauftragte haben die Aufgabe, sich für die betroffene Person einzusetzen.
    Die betrieblichen Interessenvertretungen sollen sicherstellen, dass Arbeitgeber Beschwerden nachgehen und die Belästigung beenden bzw. können vom Arbeitgeber konkrete Sanktionen verlangen.
  • Die Interessenvertretungen sollten Betriebs- oder Dienstvereinbarungen gegen jede Form von Diskriminierung abschließen.

Mustervereinbarungen gibt es bei ver.di. Sie beschreiben Präventionsmaßnahmen, Beschwerdeverfahren und Sanktionen zum Schutz für Betroffene. Es können aber auch Verhaltenskodexe für eine bessere Betriebskultur festgelegt werden.

Welche Pflichten hat der Arbeitgeber?

  • Der Arbeitgeber ist gesetzlich verpflichtet, die Beschäftigten über ihre Rechte bei jeder Form von Diskriminierungen aufzuklären.
  • Vom Arbeitgeber ist eine Beschwerdestelle für betroffene Beschäftigte einzurichten. Sie ist zuständig für jede Form von Diskriminierung, so auch für Vorfälle sexueller Gewalt. (AGG)
  • Der Arbeitgeber muss betroffene Beschäftigte vor sexueller Belästigung schützen.
  • Der Arbeitgeber hat die Pflicht, jede Beschwerde ernst zu nehmen, zu prüfen und dafür zu sorgen, dass belästigendes Verhalten aufhört.

Bleibt der Arbeitgeber untätig oder droht Wiederholungsgefahr, besteht ein Leistungsverweigerungsrecht. Dazu bietet verdi seinen Mitgliedern Beratung in arbeitsrechtlichen Fragen an.

Als Gewerkschafterin sehe ich es als meine Aufgabe nicht nachzulassen auf die skandalöse Situation von Frauen aufmerksam zu machen, sagt Karin Schwendler
Wir alle fordern die Abgeordneten des Bundestages auf, sich endlich für die Ratifizierung der Konvention 190 der internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und die Umsetzung des Übereinkommens in nationale Gesetzgebung stark zu machen.

Diese ILO Konvention gilt als Meilenstein. Sie bietet die erste internationale Definition von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt und schließt geschlechtsspezifische Gewalt und Belästigung explizit mit ein

Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) wurde 1919 gegründet und ist seit 1946 die erste Sonderorganisation der Vereinten Nationen. Sie ist verantwortlich für die Entwicklung und Umsetzung internationaler Arbeits- und Sozialstandards. Die ILO ist die einzige Organisation im System der Vereinten Nationen mit einer dreigliedrigen Struktur, das heißt Regierungen, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände sitzen gemeinsam in allen Gremien.

Im Anschluss des Vortrages gab es bei den 40 anwesenden Frauen und Männern Nachfragen, Beiträge aus eigener Erfahrung als Interessenvertretung oder als Betroffene.

Im Schlusswort sprach sich Annika Geßmann Vorsitzende des Bezirksfrauenrates verdi Fils Neckar Alb dafür aus:

Gemeinsam gegen jede Form von Gewalt anzugehen!